Neujahrsempfang am 13. Januar 2020

  • Das Café im Bestattungsinstitut Brand ...

Zu seinem traditionellen Neujahrstreffen kam der Hospizverein DASEIN in diesem Jahr im Café des Bestattungsinstituts Brand in Alzey zusammen. Zahlreiche Hospizbegleitende, Vereinsmitglieder und die Teilnehmenden des aktuellen Ausbildungskurses begrüßten gemeinsam das neue Jahr, genossen die kulinarischen Köstlichkeiten vom Büffet, tauschten sich aus, knüpften Kontakte, lernten neue Mitglieder kennen und verbrachten einen anregenden und zugleich vergnügten Abend. 25 Hospizbegleitende haben sich für 2020 mit einer schriftlichen Erklärung zum ehrenamtlichen Einsatz bereit erklärt und können von Hospizkoordinatorin Hiltrud Regner zur Begleitung von Menschen am Lebensende eingesetzt werden. Sie besuchen zu Hause, im Pflegeheim, im Krankenhaus, wo immer sie gebraucht werden. Immer zum Jahresbeginn werden die Erklärungen unterzeichnet, so auch in diesen Jahr. Der Vorstand des Hospizvereins dankt Frau Brand ganz herzlich für die Gastfreundschaft und den schönen Abend im Café Brand.

DASEIN macht Schule (2)

Die neunten Klassen des Gustav Heinemann Schulzentrums Alzey und der Georg Forster Gesamtschule in Wörrstadt haben die Themen Vergänglichkeit, Abschied, Tod und Trauer im Unterricht behandelt und den Hospizverein DASEIN zum Unterrichtsbesuch eingeladen. Katharina Nuß hat mit Gaby Stellwagen und Uschi Heinritz den Jugendlichen die Arbeit des Hospizvereins vorgestellt und in sehr lebhaftem und offenem Austausch alle aufkommenden Fragen beantwortet…“Wie kommt man zur Hospizarbeit? Wie kann man so viel Trauer aushalten? Welche Bestattungsformen gibt es überhaupt? Wie kann man lachen, wenn man traurig ist? Wie lange darf Trauer dauern? und Was kann ich tun?“… Einhelliges Resümee der Schüler*innen und Lehrerinnen: „Wir hätten gar nicht gedacht, dass man so leicht über dieses Thema sprechen kann“.


Selina Klein von der Georg-Forster-Gesamtschule schreibt darüber:

Hospizverein DASEIN e.V. zu Gast an der GFG

Sterben, Tod und Trauer sind Themen, bei denen oftmals Sprachlosigkeit oder große Unsicherheit vorherrschen – nicht nur bei Schülerinnen und Schülern. Doch sind auch diesen Situationen der Trauer durchaus bekannt: Tod von Oma und Opa oder des geliebten Haustiers, Trennung der Eltern oder Zerbrechen von Freundschaften. In der Reihe „Alles hat seine Zeit“ – Tod, Sterben und Auferstehung des evangelischen Religionsunterrichtes der Klasse 9b/c lernten die Schülerinnen und Schüler das Leben als begrenzte Zeit, den Tod als absolute Grenze kennen. Sterbe- und Trauerbegleitung bietet der Hospizverein DASEIN e.V. aus Alzey, dessen Vorsitzende Katharina Nuß und die Hospizbegleiterin Gaby Stellwagen sich mit den Schülerinnen und Schülern der GFG zum Gespräch trafen.

Der Hospizverein DASEIN e.V. begleitet und berät schwerkranke Menschen, ihre An- und Zugehörigen, um ihnen eine häusliche Betreuung – insbesondere in schwierigen Situationen – zu ermöglichen. Dabei folgen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Vereins dem Leitgedanken „DASEIN mit Herz und all unseren Sinnen, mit Raum und Zeit und unserer Erfahrung Ihre Hoffnungen und Wünsche, Ängste und Sorgen zu teilen“. DASEIN kooperiert auch im Kontext des Projektes „Hospiz macht Schule“ mit verschiedenen Grundschulen der Region. Katharina Nuß war von Anfang an sehr begeistert auch mit älteren Schülerinnen und Schülern zu sprechen.

Während des 90-minütigen Gespräches informierte die Vorsitzende des Vereins Katharina Nuß über die Aktivitäten des Vereins DASEIN e.V. wie die regelmäßigen Veranstaltungen der Letzte Hilfe Kurse; die geleitete Meditation „Kraftquelle“; die Vortragsreihe „ENDlich leben“ oder den Gesprächskreis für Trauernde. Ihre Kollegin Gaby Stellwagen, die selbst gerade die Ausbildung zur Hospizbegleiterin abgeschlossen hatte, berichtete darüber und ihre Beweggründe, sich ehrenamtlich in diesem Bereich ehrenamtlich zu engagieren. Auch der Humor am Lebensende war Thema im Laufe des Gespräches. In einer offenen Atmosphäre stellten die Schülerinnen und Schüler interessiert verschiedene Fragen. Bereits im Vorfeld hatten sie sich über den Verein und den Hospizgedanken informiert und einen Fragenkatalog erstellt.

An dieser Stelle sei Katharina Nuß und Gaby Stellwagen vom Hospizverein DASEIN e.V. noch einmal herzlich für ihren Besuch gedankt!

Selina Klein

„Licht und Sterne“

So war das Thema der Gedenk-und Beisetzungsfeier für Sternenkinder, die in der frühen Schwangerschaft verstorben sind. Wie immer haben am 2. Sonntag im Dezember, am weltweiten Gedenken für alle verstorbenen Kinder, an dem um 19.00 Uhr in den Fenstern Kerzen leuchten, das Frauenbüro und der Hospizverein die Feier auf dem Alzeyer Friedhof gestaltet.

          

Dasein macht Schule

Fünf Hospizbegleiterinnen haben an einem Qualifizierungskurs für das Projekt „Hospiz macht Schule“ teilgenommen. Dieses Projekt richtet sich an Kinder der 3. und 4. Klasse (Alter 8-10). Auch der Hospizverein DASEIN möchte es in Kooperation mit den Grundschulen unserer Region anbieten.

Das Projekt vermittelt im Rahmen einer 5-tägigen Projektwoche, dass Leben und Sterben miteinander untrennbar verbunden sind. Ziel des Projektes ist es, Kinder mit dem Thema „Tod und Sterben“ nicht allein zu lassen. Im geschützten Rahmen sollen sie vielmehr die Möglichkeit bekommen, alle Fragen, die sie zu den Themen bewegen, zu stellen und so gut wie möglich beantwortet zu bekommen. Die Kinder gestalten die einzelnen Projekttage anhand ihrer eigenen Fragen, Erfahrungen und Potenziale. Die Eltern der Kinder lernen durch das Projekt, dass es gerade wichtig ist, bei den sensiblen Fragen des Lebens mit den Kindern offen zu sprechen und nichts zu verdrängen. Sie selbst haben oftmals bei dem Thema schwierige Erfahrungen gemacht und wissen vielfach nicht, wie sie ihre Kinder in den Themen Sterben, Tod und Trauer unterstützen können. Die Lehrenden an den Grundschulen erfahren durch das Projekt neue Zugangswege im Bereich der elementaren Pädagogik.

Facetten des Schmerzes

Mit einem Vortrag über die Facetten des Schmerzes hat der Palliativmediziner Dr. Christoph Kern am 4. Dezember unsere Vortragsreihe ENDlich leben bereichert. Schmerz ist nicht nur körperlich spürbar, Menschen am Lebensende leiden häufig auch an sozialem, seelischem und spirituellen Schmerzen, die von An- und Zugehörigen und den Betreuenden wahrgenommen werden wollen. Die Ausbildungsgruppe der Hospizbegleitenden und die zahlreichen Gäste des Vortragsabends konnten neben vielen Informationen auch  wertvolle und wunderbare Anregungen zum Umgang mit Menschen am Lebensende mitnehmen.

Benefizkonzert

Die Lions Clubs in Rheinhessen haben in einer gemeinsamen Aktion die Big Band der Bundeswehr am 3. Dezember 2019 zu einem Benefizkonzert in die Mainzer Rheingoldhalle eingeladen. Unterstützt wird damit die Palliativ- und Hospizarbeit in Rheinhessen. Auch wir sind dabei und sagen von Herzen DANKE!

Lachen trotz und alledem – Darf ich lachen, wenn ich traurig bin?

Der Welthospiztag am 12. Oktober 2019 war Anlass für den Hospizverein Dasein e.V. Alzey zu einer interaktiven Lesung in den Konferenzraum des DRK Krankenhauses einzuladen. An der Pinnwand hängt eine große Fahne mit einem dicken, gelben Smiley vor Regenbogenfarben. „Darf ich lachen, wenn ich traurig bin?“, fragt Referentin Silvia Rößler. Die Antwort hat das bekannte Symbol vorweggenommen: „Ja, man darf, man soll sogar!“

„Wir haben schon öfter das Thema Humor am Lebensende aufgegriffen“, sagt die Vorsitzende von Dasein, Katharina Nuß. „Lachen und Humor können schwierige Situationen leichter erträglich machen.“ Die Veranstaltungen der Reihe „ENDlich leben“, sind Bestandteil der Ausbildung zum Hospizhelfer. Damit Erfahrungen aus der Hospiz-Begleitung auch für andere erlebbar werden, sind die Veranstaltungen des Vereins nicht auf den Kreis der Hospizbegleiter und Hospizhelfer beschränkt. „30 waren angemeldet, gekommen sind weitaus mehr“, freut sich Nuß über das große Interesse. Bevor sie der Referentin das Wort erteilt, hat sie die angenehme Aufgabe, der langjährigen Hospizbegleiterin Gerda Pusch nachträglich zum 70. Geburtstag zu gratulieren. Pusch ist auch ehrenamtliche Betreuerin der Sternenwiese. „Wir hoffen, dass du uns noch lange in diesen Funktionen erhalten bleibst“, sagte Nuß.

Silvia Rößler hält nicht einfach ein Referat zum angekündigten Thema. Die Lachyoga-Trainerin aus Bielefeld verknüpft die Inhalte ihres Buchs „Lachen – Trotz und alledem“ mit praktischen Übungen, an denen sich die Zuhörer begeistert beteiligen. Sie erzählt, wie sie als ausgebildete Physio- und Sozialtherapeutin zum Lachyoga kam und zur Lachbotschafterin avancierte. „Ich bin zu dem Thema durch ein trauriges Ereignis gekommen“, erklärt sie. Der Tod ihrer besten Freundin war der Auslöser.

Dass Rößler von Natur aus ein eher heiterer Mensch ist, glaubt man gerne. Und sie verrät einen Trick: „Wenn wir total traurig sind, hilft es, einfach die Mundwinkel nach oben zu ziehen.“ Wissenschaftlich bewiesen ist, dass diese Muskelbewegung Endorphine freisetzt. Das sogenannte Glückshormon ist eine körpereigene Droge, die nicht nur die Stimmung hebt, sondern auch schmerzdämpfend wirkt. „Zehn Minuten Lachzeit am Tag sollten es sein“, fordert Rößler. Gemeinsame Lachyogaübung ist das „Lächeln schöpfen“, dies wird zu Lachen, lachend schüttelt jeder die Hand seines Nachbarn und schon erfüllt herzhaftes Gelächter den Raum.

Vortrag und gemeinsame Übung im Wechsel machen den Abend abwechslungsreich. Rößler teilt ihre Lebenserinnerungen und Erfahrungen und findet zahlreiche Beispiele und Zitate, die sich mit Lachen und Humor befassen, nachzulesen in ihrem Buch. „Nehmen Sie es nicht so ernst, wie es ist“, um es mit Karl Valentin zu sagen. Es gibt Witze, die sich mit dem humorvollen Umgang mit schwierigen Situationen befassen, das Auditorium lernt die „Humorbrille“ kennen, mit der imaginären Lachcreme kann man sich die Mundwinkel nach oben schminken. „Ganz egal, welche Sprache man spricht, Lachen ist überall gleich“, stellt sie fest und später: „Beim Lachen kann man nicht denken.“ So bietet das Lachen eine Auszeit auch in tragischen und traurigen Situationen. „Einem Trauernden freundlich zugewandt begegnen“, fordert sie auf, dazu gehören Achtsamkeit und emotionale Intelligenz. „Wo der Spaß aufhört, beginnt der Humor“, zitiert sie den Kabarettisten Werner Fink.

Auch an der letzten praktischen Lektion beteiligen sich alle gerne: „Das Lachen aus dem Ärmel schütteln und als Reserve in die Tasche stecken.“ Man kann es jederzeit hervorholen und hat so stets ein Lachen parat.

Artikel von Ulla Grall in der Allgemeinen Zeitung am 16.10.2019

Infostand am 24. August 2019 Tag der Kulturen in Alzey

Am 24. August 2018 stellten wir gemeinsam mit dem Verein Rheinhessen Hospiz, der den Bau des stationären Hospizes in Eppelsheim zum Ziel hat, an einem Infostand auf dem Obermarkt unser Angebot von Sterbebegleitung über „Letzte Hilfe Kurse“ bis hin zu Veranstaltungen und Vortägen vor. Selbstgebackener Kuchen und Rosen wurden verteilt. Mit guter Resonanz, viel Interesse und positiven Rückmeldungen war der Vormittag eine gelungene Veranstaltung.

Sternenkinder finden ihre letzte Ruhe in Alzey

Von Denise Kopyciok

Erschienen am 25.05.2019 in der Allgemeinen Zeitung

Die Sternenwiese auf dem Alzeyer Friedhof ist eine ganz besondere Gedenkstätte: Totgeborene finden dort ihre letzte Ruhe. Wie geht eine Familie mit dem Verlust von zwei Söhnen um?

ALZEY – Drei Kinder haben Sandra und Jens Laick, zwei davon sind Sternenkinder. Es ist ein kalter Dezember-Tag 2010, als Toni auf die Welt kommt. Es ist kurz vor Mitternacht, und Toni ist schon zwei Wochen tot. Im Oktober 2011 erblickt Mats das Licht der Welt: Er schlägt die Augen auf, schreit kurz und lebt zwei Stunden, bevor er sich mit einem letzten Seufzer verabschiedet. Acht Jahre später: Während Hannes bald in die Grundschule kommt, wohnen Toni und Mats „beim Regenbogen“, da ist sich Sandra Laick sicher. Wenn die Familie die beiden besucht, geht sie auf die Alzeyer Sternenwiese.

Sie sitzt ruhig am Tisch, trinkt Tee und spricht offen über die schlimmste Zeit ihres Lebens. Es ist eine Routineuntersuchung in der 21. Schwangerschaftswoche, als die Ärzte feststellen: Tonis Herz schlägt nicht. Für das Paar aus Mauchenheim bricht die Welt zusammen. Gleich am nächsten Tag müssen die Wehen künstlich eingeleitet werden. Sandra Laick erleidet eine Totgeburt. Sie erinnert sich genau an die Stunden im Krankenhaus, an die vier Tabletten, die vielen Schmerzen und das Gefühlschaos. Von einer Sternenwiese hat sie bis zu diesem Dezembertag nur aus der Zeitung gehört.

„Ich wurde gleich am nächsten Tag entlassen“, erzählt Sandra Laick. Toni ist keine 500 Gramm schwer. Damit gilt für ihn die gesetzliche Bestattungspflicht nicht. Der Routine folgend wäre der Körper über die Pathologie entsorgt worden. Das will das Ehepaar Laick nicht. Es will sein Kind zu Grabe tragen, dem Körper eine Ruhestätte geben und einen Ort der Erinnerung schaffen. Das Alzeyer Bestattungsinstitut Sulfrian stellt den Kontakt zur Sternenwiese her.

Seit 2004 gibt es eine Sternenwiese auf dem Alzeyer Friedhof: eine Grab- und Gedenkstätte für Kinder, die unter 500 Gramm wiegen. Initiatorin der Alzeyer Sternenwiese ist Diana Haus, die eine Fehlgeburt erlitten hat und wissen will, was mit dem Leichnam passiert. Sie wendet sich an das Gleichstellungsbüro (damals Frauenbüro) des Landkreises. „Für uns war das ein Frauenthema“, erklärt Katharina Nuß von der Kreisverwaltung. Sie nimmt sich des Themas sofort an. Gemeinsam mit dem Hospizverein „Dasein“ setzt sie sich dafür ein, dass eine Wiese auf dem Friedhof den Sternenkindern gewidmet wird. „Auf der Sternenwiese gibt es einen Trauerweg, der an die vier Elemente angelehnt ist und die Phasen der Trauer widerspiegelt“, erklärt die Gleichstellungsbeauftragte. Da gibt es den Feuerberg: aufeinandergestapelte Schiefersteine, die das Grauen repräsentieren, die tiefste Trauer und die Schmerzen. Es gibt das Tal der Tränen. Der Seelenflügel ist ein Klangspiel, bei dem der Wind die sanften Töne über den Friedhof trägt. Die Erde formt einen runden Kreis in der Mitte der Wiese, dort sind die Sternenkinder begraben. „Also Kinder, die nicht bleiben konnten“, sagt Nuß.

Am Anfang gehen Sandra Laick und ihr Mann Jens täglich auf die Sternenwiese. Für sie ist es ein Ort, an dem sie Gaben ablegen können, wo sie zur Ruhe kommen. Sandra Laick geht auch alleine oder mit Freunden zur Sternenwiese. Es vergehen Monate der schweren Trauer – Wellen der Wut. Plötzlich die Nachricht: Sie ist wieder schwanger.

„Das war zwar mein Wunsch, aber es war vor allem ein Schock, dass es so schnell ging“, erinnert sie sich. Ihre Frauenärztin macht ihr Mut. Doch ab der 21. Woche stellen die Ärzte mehr und mehr Auffälligkeiten fest. „Uns war klar, wir wollen dieses Kind bekommen, egal, welche Geschichte es mitbringt.“ In der Uniklinik kommt die Gewissheit: Mats hat Trisomie 18, eine Genmutation, bei der die Wahrscheinlichkeit sehr groß ist, dass das Kind noch während der Schwangerschaft stirbt. „Von dem Moment an war nur noch ich der Patient, nicht mehr mein Kind“, sagt Laick. „Ich kam mir vor wie ein Forschungsobjekt.“ Hilflos und überfordert ruft das Paar beim Kinderhospiz Bärenherz in Wiesbaden an und wird sofort aufgenommen. Sterbebegleitung für Mutter und Vater, die ihr Kind verlieren werden: Sie bemalen einen Sarg und bereiten sich aktiv darauf vor, dass es bald vorbei sein wird. Als Mats auf die Welt kommt und stirbt, ist schon für alles gesorgt: Die Trauerfeier startet wieder auf der Sternenwiese, doch dieses Mal geht es weiter zum Familiengrab. Sandra Laick verliert Mats in der 30. Woche, er wiegt mehr als 500 Gramm und wird daher regulär bestattet.

Zweimal im Jahr findet auf der Sternenwiese eine Gedenkfeier statt: im Winter und im Sommer. Dabei wird eine Urne vergraben, in der die Sternenkinder in Watte verpackt sind. Mal sind es 40, mal sind es 80 Embryonen oder Föten, die ihre letzte Ruhe finden. „Zur Gedenkfeier kommen nicht nur Menschen, die an dem Tag ihr Sternenkind begraben. Es kommen auch Leute, die vor Jahren, Jahrzehnten ihr Kind verloren haben“, erzählt Nuß. Mit Musik, Ritualen und der auf Blütenblättern gebetteten Urne könnte man fast sagen: Das ist schön. Aber gibt es schöne Beerdigungen? „Ja, die gibt es auf jeden Fall“, macht Pfarrerin Anja Krollmann klar, die die Beisetzung und Gedenkfeier leitet. „Der Friedhof wird zum Ort der Begegnung“, sagt Nuß, denn: „Die Trauer begleitet die Menschen ein Leben lang. Es ist egal, ob die Eltern ihr Kind in der dritten Woche oder nach 25 Jahren verlieren. Es liegt nicht an uns, zu bewerten, wie traurig jemand sein darf.“

Die ersten beiden Kinder der Laicks konnten nicht auf dieser Welt bleiben. Die Angst bei der dritten Schwangerschaft ist dabei umso größer. „Die war nicht geplant. Es ist einfach passiert – und es war die Hölle“, sagt Sandra Laick. Das Paar hangelt sich von einer zur nächsten Woche. Die Angst sitzt im Nacken, dass bald wieder Komplikationen, Probleme, Schmerzen auftreten, dass bald wieder der Tod an die Tür klopft. Doch es kommt anders. Am 27. September 2012 kommt Hannes zur Welt – völlig gesund.

Sandra Laick hat ihre Trauer in Energie verwandelt. Die Sternenwiese hat ihr dabei geholfen. Ihre Sternenkinder haben ihren Werdegang, ihren Freundeskreis, ihr ganzes Leben geprägt. Die Frage „Was wäre, wenn?“ stellt sie schon lange nicht mehr. „Dieses Gedankenkarussell – das führt ja zu nichts.“ Auf die Sternenwiese gehen sie weiterhin: Mutter, Vater und auch Hannes, um eine Kerze zu entzünden. „Ich finde es schön, wenn ein Licht brennt“, sagt Sandra Laick. Hannes ist mittlerweile sechs Jahre alt. Wenn er ein Bild seiner Familie malt, sind auf dem Blatt fünf Menschen zu sehen. Zwei davon wohnen beim Regenbogen.