Lachen trotz und alledem – Darf ich lachen, wenn ich traurig bin?

Der Welthospiztag am 12. Oktober 2019 war Anlass für den Hospizverein Dasein e.V. Alzey zu einer interaktiven Lesung in den Konferenzraum des DRK Krankenhauses einzuladen. An der Pinnwand hängt eine große Fahne mit einem dicken, gelben Smiley vor Regenbogenfarben. „Darf ich lachen, wenn ich traurig bin?“, fragt Referentin Silvia Rößler. Die Antwort hat das bekannte Symbol vorweggenommen: „Ja, man darf, man soll sogar!“

„Wir haben schon öfter das Thema Humor am Lebensende aufgegriffen“, sagt die Vorsitzende von Dasein, Katharina Nuß. „Lachen und Humor können schwierige Situationen leichter erträglich machen.“ Die Veranstaltungen der Reihe „ENDlich leben“, sind Bestandteil der Ausbildung zum Hospizhelfer. Damit Erfahrungen aus der Hospiz-Begleitung auch für andere erlebbar werden, sind die Veranstaltungen des Vereins nicht auf den Kreis der Hospizbegleiter und Hospizhelfer beschränkt. „30 waren angemeldet, gekommen sind weitaus mehr“, freut sich Nuß über das große Interesse. Bevor sie der Referentin das Wort erteilt, hat sie die angenehme Aufgabe, der langjährigen Hospizbegleiterin Gerda Pusch nachträglich zum 70. Geburtstag zu gratulieren. Pusch ist auch ehrenamtliche Betreuerin der Sternenwiese. „Wir hoffen, dass du uns noch lange in diesen Funktionen erhalten bleibst“, sagte Nuß.

Silvia Rößler hält nicht einfach ein Referat zum angekündigten Thema. Die Lachyoga-Trainerin aus Bielefeld verknüpft die Inhalte ihres Buchs „Lachen – Trotz und alledem“ mit praktischen Übungen, an denen sich die Zuhörer begeistert beteiligen. Sie erzählt, wie sie als ausgebildete Physio- und Sozialtherapeutin zum Lachyoga kam und zur Lachbotschafterin avancierte. „Ich bin zu dem Thema durch ein trauriges Ereignis gekommen“, erklärt sie. Der Tod ihrer besten Freundin war der Auslöser.

Dass Rößler von Natur aus ein eher heiterer Mensch ist, glaubt man gerne. Und sie verrät einen Trick: „Wenn wir total traurig sind, hilft es, einfach die Mundwinkel nach oben zu ziehen.“ Wissenschaftlich bewiesen ist, dass diese Muskelbewegung Endorphine freisetzt. Das sogenannte Glückshormon ist eine körpereigene Droge, die nicht nur die Stimmung hebt, sondern auch schmerzdämpfend wirkt. „Zehn Minuten Lachzeit am Tag sollten es sein“, fordert Rößler. Gemeinsame Lachyogaübung ist das „Lächeln schöpfen“, dies wird zu Lachen, lachend schüttelt jeder die Hand seines Nachbarn und schon erfüllt herzhaftes Gelächter den Raum.

Vortrag und gemeinsame Übung im Wechsel machen den Abend abwechslungsreich. Rößler teilt ihre Lebenserinnerungen und Erfahrungen und findet zahlreiche Beispiele und Zitate, die sich mit Lachen und Humor befassen, nachzulesen in ihrem Buch. „Nehmen Sie es nicht so ernst, wie es ist“, um es mit Karl Valentin zu sagen. Es gibt Witze, die sich mit dem humorvollen Umgang mit schwierigen Situationen befassen, das Auditorium lernt die „Humorbrille“ kennen, mit der imaginären Lachcreme kann man sich die Mundwinkel nach oben schminken. „Ganz egal, welche Sprache man spricht, Lachen ist überall gleich“, stellt sie fest und später: „Beim Lachen kann man nicht denken.“ So bietet das Lachen eine Auszeit auch in tragischen und traurigen Situationen. „Einem Trauernden freundlich zugewandt begegnen“, fordert sie auf, dazu gehören Achtsamkeit und emotionale Intelligenz. „Wo der Spaß aufhört, beginnt der Humor“, zitiert sie den Kabarettisten Werner Fink.

Auch an der letzten praktischen Lektion beteiligen sich alle gerne: „Das Lachen aus dem Ärmel schütteln und als Reserve in die Tasche stecken.“ Man kann es jederzeit hervorholen und hat so stets ein Lachen parat.

Artikel von Ulla Grall in der Allgemeinen Zeitung am 16.10.2019

Infostand am 24. August 2019 Tag der Kulturen in Alzey

Am 24. August 2018 stellten wir gemeinsam mit dem Verein Rheinhessen Hospiz, der den Bau des stationären Hospizes in Eppelsheim zum Ziel hat, an einem Infostand auf dem Obermarkt unser Angebot von Sterbebegleitung über „Letzte Hilfe Kurse“ bis hin zu Veranstaltungen und Vortägen vor. Selbstgebackener Kuchen und Rosen wurden verteilt. Mit guter Resonanz, viel Interesse und positiven Rückmeldungen war der Vormittag eine gelungene Veranstaltung.

Sternenkinder finden ihre letzte Ruhe in Alzey

Von Denise Kopyciok

Erschienen am 25.05.2019 in der Allgemeinen Zeitung

Die Sternenwiese auf dem Alzeyer Friedhof ist eine ganz besondere Gedenkstätte: Totgeborene finden dort ihre letzte Ruhe. Wie geht eine Familie mit dem Verlust von zwei Söhnen um?

ALZEY – Drei Kinder haben Sandra und Jens Laick, zwei davon sind Sternenkinder. Es ist ein kalter Dezember-Tag 2010, als Toni auf die Welt kommt. Es ist kurz vor Mitternacht, und Toni ist schon zwei Wochen tot. Im Oktober 2011 erblickt Mats das Licht der Welt: Er schlägt die Augen auf, schreit kurz und lebt zwei Stunden, bevor er sich mit einem letzten Seufzer verabschiedet. Acht Jahre später: Während Hannes bald in die Grundschule kommt, wohnen Toni und Mats „beim Regenbogen“, da ist sich Sandra Laick sicher. Wenn die Familie die beiden besucht, geht sie auf die Alzeyer Sternenwiese.

Sie sitzt ruhig am Tisch, trinkt Tee und spricht offen über die schlimmste Zeit ihres Lebens. Es ist eine Routineuntersuchung in der 21. Schwangerschaftswoche, als die Ärzte feststellen: Tonis Herz schlägt nicht. Für das Paar aus Mauchenheim bricht die Welt zusammen. Gleich am nächsten Tag müssen die Wehen künstlich eingeleitet werden. Sandra Laick erleidet eine Totgeburt. Sie erinnert sich genau an die Stunden im Krankenhaus, an die vier Tabletten, die vielen Schmerzen und das Gefühlschaos. Von einer Sternenwiese hat sie bis zu diesem Dezembertag nur aus der Zeitung gehört.

„Ich wurde gleich am nächsten Tag entlassen“, erzählt Sandra Laick. Toni ist keine 500 Gramm schwer. Damit gilt für ihn die gesetzliche Bestattungspflicht nicht. Der Routine folgend wäre der Körper über die Pathologie entsorgt worden. Das will das Ehepaar Laick nicht. Es will sein Kind zu Grabe tragen, dem Körper eine Ruhestätte geben und einen Ort der Erinnerung schaffen. Das Alzeyer Bestattungsinstitut Sulfrian stellt den Kontakt zur Sternenwiese her.

Seit 2004 gibt es eine Sternenwiese auf dem Alzeyer Friedhof: eine Grab- und Gedenkstätte für Kinder, die unter 500 Gramm wiegen. Initiatorin der Alzeyer Sternenwiese ist Diana Haus, die eine Fehlgeburt erlitten hat und wissen will, was mit dem Leichnam passiert. Sie wendet sich an das Gleichstellungsbüro (damals Frauenbüro) des Landkreises. „Für uns war das ein Frauenthema“, erklärt Katharina Nuß von der Kreisverwaltung. Sie nimmt sich des Themas sofort an. Gemeinsam mit dem Hospizverein „Dasein“ setzt sie sich dafür ein, dass eine Wiese auf dem Friedhof den Sternenkindern gewidmet wird. „Auf der Sternenwiese gibt es einen Trauerweg, der an die vier Elemente angelehnt ist und die Phasen der Trauer widerspiegelt“, erklärt die Gleichstellungsbeauftragte. Da gibt es den Feuerberg: aufeinandergestapelte Schiefersteine, die das Grauen repräsentieren, die tiefste Trauer und die Schmerzen. Es gibt das Tal der Tränen. Der Seelenflügel ist ein Klangspiel, bei dem der Wind die sanften Töne über den Friedhof trägt. Die Erde formt einen runden Kreis in der Mitte der Wiese, dort sind die Sternenkinder begraben. „Also Kinder, die nicht bleiben konnten“, sagt Nuß.

Am Anfang gehen Sandra Laick und ihr Mann Jens täglich auf die Sternenwiese. Für sie ist es ein Ort, an dem sie Gaben ablegen können, wo sie zur Ruhe kommen. Sandra Laick geht auch alleine oder mit Freunden zur Sternenwiese. Es vergehen Monate der schweren Trauer – Wellen der Wut. Plötzlich die Nachricht: Sie ist wieder schwanger.

„Das war zwar mein Wunsch, aber es war vor allem ein Schock, dass es so schnell ging“, erinnert sie sich. Ihre Frauenärztin macht ihr Mut. Doch ab der 21. Woche stellen die Ärzte mehr und mehr Auffälligkeiten fest. „Uns war klar, wir wollen dieses Kind bekommen, egal, welche Geschichte es mitbringt.“ In der Uniklinik kommt die Gewissheit: Mats hat Trisomie 18, eine Genmutation, bei der die Wahrscheinlichkeit sehr groß ist, dass das Kind noch während der Schwangerschaft stirbt. „Von dem Moment an war nur noch ich der Patient, nicht mehr mein Kind“, sagt Laick. „Ich kam mir vor wie ein Forschungsobjekt.“ Hilflos und überfordert ruft das Paar beim Kinderhospiz Bärenherz in Wiesbaden an und wird sofort aufgenommen. Sterbebegleitung für Mutter und Vater, die ihr Kind verlieren werden: Sie bemalen einen Sarg und bereiten sich aktiv darauf vor, dass es bald vorbei sein wird. Als Mats auf die Welt kommt und stirbt, ist schon für alles gesorgt: Die Trauerfeier startet wieder auf der Sternenwiese, doch dieses Mal geht es weiter zum Familiengrab. Sandra Laick verliert Mats in der 30. Woche, er wiegt mehr als 500 Gramm und wird daher regulär bestattet.

Zweimal im Jahr findet auf der Sternenwiese eine Gedenkfeier statt: im Winter und im Sommer. Dabei wird eine Urne vergraben, in der die Sternenkinder in Watte verpackt sind. Mal sind es 40, mal sind es 80 Embryonen oder Föten, die ihre letzte Ruhe finden. „Zur Gedenkfeier kommen nicht nur Menschen, die an dem Tag ihr Sternenkind begraben. Es kommen auch Leute, die vor Jahren, Jahrzehnten ihr Kind verloren haben“, erzählt Nuß. Mit Musik, Ritualen und der auf Blütenblättern gebetteten Urne könnte man fast sagen: Das ist schön. Aber gibt es schöne Beerdigungen? „Ja, die gibt es auf jeden Fall“, macht Pfarrerin Anja Krollmann klar, die die Beisetzung und Gedenkfeier leitet. „Der Friedhof wird zum Ort der Begegnung“, sagt Nuß, denn: „Die Trauer begleitet die Menschen ein Leben lang. Es ist egal, ob die Eltern ihr Kind in der dritten Woche oder nach 25 Jahren verlieren. Es liegt nicht an uns, zu bewerten, wie traurig jemand sein darf.“

Die ersten beiden Kinder der Laicks konnten nicht auf dieser Welt bleiben. Die Angst bei der dritten Schwangerschaft ist dabei umso größer. „Die war nicht geplant. Es ist einfach passiert – und es war die Hölle“, sagt Sandra Laick. Das Paar hangelt sich von einer zur nächsten Woche. Die Angst sitzt im Nacken, dass bald wieder Komplikationen, Probleme, Schmerzen auftreten, dass bald wieder der Tod an die Tür klopft. Doch es kommt anders. Am 27. September 2012 kommt Hannes zur Welt – völlig gesund.

Sandra Laick hat ihre Trauer in Energie verwandelt. Die Sternenwiese hat ihr dabei geholfen. Ihre Sternenkinder haben ihren Werdegang, ihren Freundeskreis, ihr ganzes Leben geprägt. Die Frage „Was wäre, wenn?“ stellt sie schon lange nicht mehr. „Dieses Gedankenkarussell – das führt ja zu nichts.“ Auf die Sternenwiese gehen sie weiterhin: Mutter, Vater und auch Hannes, um eine Kerze zu entzünden. „Ich finde es schön, wenn ein Licht brennt“, sagt Sandra Laick. Hannes ist mittlerweile sechs Jahre alt. Wenn er ein Bild seiner Familie malt, sind auf dem Blatt fünf Menschen zu sehen. Zwei davon wohnen beim Regenbogen.

 

Aussendung von 12 Hospizbegleitenden

Rotary Club Alzey finanziert Ausbildungskurs

Sie besuchen Menschen am Lebensende und begleiten Sterbende, schenken ihnen Zeit, teilen ihre Hoffnungen, Wünsche, Ängste und Sorgen. Gemeint sind ehrenamtliche Hospizbegleiterinnen und -begleiter des Hospizvereins DASEIN e.V Alzey. 12 neue Hospizbegleitende nahmen Ende März 2019 ihr Ausbildungszertifikat entgegen. Unterstützt wurde der Kurs aus 100 Unterrichtseinheiten durch den Alzeyer Rotary Club. Rotary engagiert sich über mehrere Jahre zur Verbesserung der Situation in der Palliativmedizin und Hospizarbeit vor Ort, mit dem Ziel die Arbeit zu stärken, und in der Öffentlichkeit das Bewusstsein für die wertvolle Tätigkeit der haupt- und ehrenamtlichen Kräfte zu schärfen. „Im Hospizverein schenken die Hospizbegleitenden der Gemeinschaft ihre Zeit und begleiten Menschen am Lebensende. Ein solches Engagement zu unterstützen ist uns ein besonderes Anliegen“, so Rotary Präsident Dr. Helmut Schmahl. Um die Ausbildung für die Teilnehmenden kostenfrei gestalten zu können, hat der Club den Ausbildungskurs vollständig finanziert. „Durch die Spende hat jede und jeder der Interesse hat die Chance zur Teilnahme“, erläutert Katharina Nuß, Vorsitzende des Hospizvereins DASEIN e.V. Müsste der Kurs selbst finanziert werden, stelle das für einige eine Hürde da, so Nuß. Gleichzeitig freut sie sich über die Wertschätzung die der Verein und das Projekt durch die rotarische Unterstützung erfährt und erhofft sich eine Signalwirkung, das auch andere sich engagieren.

Der 100 Unterrichtseinheiten umfassende Ausbildungskurs nach den Richtlinien des Deutschen Hospiz- und Palliativverbandes bereitet die künftigen Hospizbegleitenden auf ihre Einsatzorte auf der Palliativstation des DRK Krankenhauses, in sechs Seniorenzentren in Alzey, Wöllstein, Wörrstadt und Saulheim, dem Palliativzimmer der Rheinhessen-Fachklinik und in der häuslichen Umgebung vor. Vier Wochenendeinheiten zu Inhalten wie „Umgang mit Leben und Sterben“, „Kommunikation mit Sterbenden und Angehörigen“ oder beispielsweise „Palliativarbeit und rechtliche Aspekte der Sterbegleitung“ werden durch 20 Stunden Praktikum, verschiedene Vorträge und weitere Module ergänzt. „Der größte Bedarf besteht in den Seniorenzentren bei Alleinstehenden, deren Angehörige weiter entfernt leben“, erläutert Ulrike Koblischeck. Sie ist einer der Ausbilderinnen und Vorstandsmitglied des Hospizvereins DASEIN e.V. Die Nachfrage im häuslichen Bereich sei im ländlichen Raum niedriger als in den Großstädten. Bisher sind 21 Personen aktiv, 12 neue Hospizbegleitende kommen nun hinzu. Im April startet ein weiterer Kurs.

Gaby Stellwagen ist eine der neuen Hospizbegleiterinnen. Als sie einen Bericht über Trauerbegleiter gehört hat, war die Entscheidung als Hospizbegleiterin arbeiten zu wollen gefallen. „Ich hatte das Gefühl man sollte in der Gesellschaft was beitragen“, sagt sie. Ihr Einsatzfeld beginnt in den nächsten Wochen auf der Palliativstation des DRK Krankenhauses ebenso wie das von Sandra Wirth, die bereits die Praktikumsphase des Ausbildungskurses dort absolviert hat. Im Hospizverein koordiniert Hospizschwester Hiltrud Regner die Einsätze aller ehrenamtlichen Hospizhelferinnen und -helfer. „Ich bin dankbar, dass ich die Möglichkeit zur Ausbildung hatte und Danke auch ganz besonders dem Rotary Club für die Unterstützung“, so Sandra Wirth. „Die Ausbildung hat Herz und Sinne geöffnet, ich habe ein Feingefühl dafür entwickelt was im Prozess benötigt wird“, erläutert sie. Sie selbst sei in der Familie mal in der Situation gewesen, wo sie sich ein solches Angebot gewünscht hätte.

„Der Alzeyer Rotary Club ist eine Gemeinschaft, die der Gesellschaft dienen möchte“, erläutert Präsident Dr. Helmut Schmahl. Rotary sei eine internationale Organisation um Menschen zu helfen, die sich selbst nicht helfen können. Der Schwerpunkt des Alzeyer Clubs läge auf dem Engagement im Alzeyer Land, sagt Schmahl. „Think global, act local“, lautet der Slogan des aktuellen Clubjahres. Im Rahmen der Unterstützung der Palliativmedizin und der Hospizarbeit wurden im vergangenen Club Jahr bereits für die Alzeyer Palliativstation drei neue Therapiegeräte zur Mobilisierung im Wert von 10.000 Euro sowie fünf Mobilisationshilfen, sogenannte Slideboards, angeschafft. Um den aktiven Kontakt zwischen der Station und dem Club kümmern sich drei rotarische Paten.

Bildunterschrift:

Die 12 neuen Hospizbegleitenden bei ihrer Aussendung gemeinsam mit Katharina Nuß, Vorsitzende des Hospizvereins DASEIN e.V. (2. v. l.), Rotary Präsident Dr. Helmut Schmahl (li.) und weiteren Vorstandsmitgliedern des Hospizvereins.

Foto: Rotary Club Alzey / Kerstin Bauer


Gedanken zu Vergänglichkeit und Wandel

Bis auf den letzten Stuhl besetzt war der Veranstaltungsraum im Weinhotel Kaisergarten zum Vortrag von Agnes Packebusch-Scheer am 22. November 2018. 70 Gäste waren tief beeindruckt und berührt von den Impulsen, die sie durch die Ausführungen der Referentin erhielten. Loslassen, den Wandel akzeptieren, aus Krisen lernen und neue Kraft schöpfen…waren die Themenschwerpunkte. Dabei die Endlichkeit des eigenen Lebens erfassen und positiv auf die Zeit, die uns bleibt, schauen und Lebensfreude entwickeln.

Gedanken, die in der Hospizarbeit grundlegend sind. Mit der Veranstaltungsreihe ENDlich leben werden solche Themen aufgegriffen und ein Forum zum Austausch angeboten. Auch im kommenden Jahr werden wir unsere Veranstaltungsreihe fortführen.

Der Hospizverein DASEIN sagt herzlichen Dank an Frau Brand, die den Raum in ihrem Weinhotel Kaisergarten zur Verfügung stellte, mit Technik bestückte und so umgestaltete, dass alle Gäste Platz fanden!

Heilsame Sprache in der Sterbephase – Kommunikation, die trägt

So lautete der Titel des Vortrages von Frau Dr. Elke Freudenberg, Psychologin und Psychoonkologin im Herz-Jesu-Krankenhaus in Dernbach am 05. Juni 2019 im Rahmen der Vortragreihe: ENDlich leben

Über den Tod zu sprechen, fällt schwer, selbst für die geschulten professionellen und ehrenamtlichen Begleiter ist es nicht leicht, die richtigen Worte zu finden. Der Tod betrifft uns alle – irgendwann, und so erklärt sich vielleicht auch die Scheu, dieses Thema offen anzusprechen. Sprache als eine Ebene der Kommunikation und als Instrument zur Beziehungsgestaltung erweist sich oft als unzureichend und schwierig, gerade in existentiellen Fragen. Auch wenn wir uns der Lebens- und Erfahrungswelt der sterbenden Menschen nur bis zu einem gewissen Grade annähern können, möchten wir doch durch Kommunikation Beziehung schaffen, den Gedanken und Gefühlen der Patienten Raum gehen und verstehen lernen, was diese bewegt und umtreibt. Doch wie oft fehlen uns die Worte, fühlen sich Worte unpassend an, angesichts der Wucht der existentiellen Not, angesichts des körperlichen und seelischen Schmerzes der Betroffenen. Die Frage ist häufig auch: „Bedarf es immer der `richtigen´ Worte?“ „Gibt es überhaupt `richtige´ oder `falsche´ Worte, oder kommt es auf etwas ganz anderes an?“

Diese und weitere Überlegungen wurden im Vortrag angesprochen und anhand der verschiedensten Beispiele wurde erläutert, worauf geachtet werden könnte: Wesentlich erscheinen die innere Einstellung und die Haltung der Begleiter, die dazu beitragen, dass Kommunikation in solch schwierigen Situationen gelingen kann. Wenn wir einander als Menschen begegnen, offen und ehrlich und in empathischer Weise einander zugewandt, dann fühlen sich die betroffenen Menschen oder ihre Zugehörigen angenommen. Manchmal bleibt nur das gemeinsame „Aushalten“. Durch eine respektvolle und liebevolle Beziehung ist keine Heilung, aber viel Heilsames möglich.

Aus der Quelle entspringt ein Fluss

Elf Hospizbegleiterinnen und Hospizbegleiter trafen sich vom 21. bis 22. April 2018 im Haus Quitte in Panrod-Aarbergen zum Seminar mit dem Referenten Herrn Michael Knorr, Systemischer Familientherapeut. Das Thema lautete:  Aus der Quelle entspringt ein Fluss – Hilfreiche und stärkende Übungen in Präsenz, Selbstreflexion und Selbst-Wahrnehmung

Präsenz: Ich entscheide bewusst, Führung zu übernehmen oder mich führen zu lassen. Ich lebe im Bewusst-Sein. Führen ist nicht bestimmen und führen lassen ist nicht sich auflösen oder sich aufgeben. Wer führt? Der der führt oder der, der sich führen lässt?  Um zu führen muss ich mich auf den Geführten einlassen, und sich führen lassen bedeutet ein Geschenk an den Führenden, mit Grenzen aus der eigenen Biografie.

Wahrnehmung: Ich trete zurück, um ins Detail zu gehen. Ich schaue über das hinaus, was ich sehe. Was sehe ich dort? Das Schicksal des anderen? Sein Eingebunden sein in seine Familie? Seine Liebe zu einem ersehnten Familienmitglied? Eine Loyalität zu einer Gemeinschaft oder eine Rebellion oder Aggression, die mir nicht gilt? Zurücktreten ist ein Verzicht auf Erklärungen der Wahrheit mit der Bereitschaft zum Nichtwissen.

Ich stimme zu: Ein einfaches Wort: Ja. Damit stimme ich nicht einer Ungerechtigkeit, Missständen oder einem Verbrechen als erlaubt zu. Ich sage zu der Bedingung  Ja. Und zu der Person und der Tat, die diese Bedingung darstellt. Ich sage: „Das war nicht in Ordnung, was du getan hast, und die Verantwortung lasse ich bei dir. Du bleibst (z.B.) mein Vater und ich danke dir für mein Leben. Ich stimme zu was war und nehme es ganz und mache was daraus…“ Ich muss das nicht frohen Herzens tun. Ich stimme zu mit all meiner Verzweiflung, Trauer oder Ohnmacht. Es ist keine Resignation oder Bequemlichkeit. Es ist Demut. Sobald jemand unruhig wird, ist es ein Zeichen, dass er vom Wesentlichen (noch) abgeschnitten ist. Im Zustimmen spüre ich in mir, was noch widerstrebt. Das darf sein. Das was sein darf, kann sich verändern, gerade weil es sein darf. Ich stimme meinen „Widerständen“, meiner Unvollkommenheit zu. Damit gehe ich mit dem „Jetzt“.

Ich wende mich aktiv zu: Die ganze (körperliche) Zuwendung wird gebraucht. Das wird als Prozess erlebt. Auf das Zugehen was mich bedroht, ängstigt oder von mir abgelehnt wird, darf dauern, weil es in unserem Gehirn nicht angelegt ist. Dort gibt es nur Flucht oder Angriff oder sich Totstellen.

Körperliche Lösung: Ich atme tief ein und in einem Fluss aus. Das löst körperlich. Das laute Seufzen ist ein erstes Zeichen des Zulassens. Meine Schultern senken sich. Anspannung macht eng, sowohl körperlich als auch meine Wahrnehmung. Körperliche Lösung fördert die Empfindungsmöglichkeit.

Sich dem Geschehen aussetzen: Ich bin Beobachter mit Anteilnahme ohne Mitleid. Darin bin ich gelöst, zustimmend und weit. Im Sich-weit-machen bin ich nicht besser oder schlechter als der andere. Ich mache mich empfindsam (nicht dünnhäutig oder mitleidend) und verbinde mich mit dem was geschieht.

Ich gehe mit der Bewegung mit: In der Präsenz für das Jetzt „schaue“ ich wohin die Bewegung führt. Dabei kann der Schmerz ein Führer sein. Ich gehe nicht in die sich anbietende Resonanz (z.B. ich wehre, rechtfertige, verteidige mich), bin gleichzeitig aktiv und forschend. Ich kämpfe nicht. Und wenn ich es hin und wieder tue, stimme ich auch dem zu, in Demut. Dann bin ich in einem Kreislauf, im Kreislauf des Lebens. (Verfasser: Michael Knorr, Systemischer Familientherapeut)